CE31 forever

Eine Busfahrt in die 00er Jahre

Wenn man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht, hilft oft ein geschulter Blick von außen. Deswegen überlassen wir hier auch ab und an mal Gastautor*innen die Schreibfeder – natürlich nur unter der strengen Qualitätskontrolle des ÖPNPfaus. Dieses Mal konnten wir unsere Kollegin Julia dazu gewinnen, ein paar ihrer Erinnerungen an eine Bochumer Kultlinie mit euch zu teilen.

19, 39, 59…

… vermutlich könnte man mich aus dem Tiefschlaf wecken und ich wüsste, zu welchen Zeiten sich der CE31 (liebevoll auch nur CE) von meiner „alten“ Haltestelle aus in Richtung Bochumer Süden aufmachte. Der CE, für alle jungen Menschen oder Zugezogenen, ist heute offiziell der 350er.

Ich weigere mich allerdings seit jeher ihn bei seinem neuen Namen zu nennen, so wie meine Eltern weiter „Deschauer“ statt „Rewe“ sagen. Irgendwie kann und will ich den Namen nicht loslassen, denn er erinnert mich an die Zeit, in der man jeden Tag spätestens um halb zwei Feierabend hatte. Und das war dann auch ein richtiger Feierabend – ohne danach Erwachsenen-Sachen erledigen zu müssen.

Leben auf dem Liniennetz

Er erinnert mich an die Vormittage, an denen ich mit meinen Freund*innen in den Freistunden von der Schule aus zum Burger King am Südring gefahren bin, um einen Burger innerhalb kürzester Zeit zu verschlingen, weil der Gouda auf dem mitgebrachten Schulbrot schon so feste Ecken bekommen hatte, brrr.

Der CE war kein 31er, auf den CE konnte man sich verlassen! Er hat mich und mein Fahrrad im strömenden Regen nach Hause gefahren, als ich mit einem Platten unter der Kemnader Brücke gestrandet bin.

Der CE hat mich zur Fliegenkirmes nach Stiepel gebracht, zu Picknicks an den Ruhrauen, zum Pizzaessen mit meiner Oma auf dem Kirchplatz in Hattingen, an heißen Sommertagen ins Freibad nach Welper und unzählige Male zu meinen Schulfreunden*innen nach Hause, die – gefühlt – alle irgendwo direkt auf dem Linienband wohnten.

Übrigens: Um zur Schule zu kommen, habe ich ihn nie gebraucht, da konnte ich ganz entspannt zum ersten Klingeln loslaufen.

 

So hat er übrigens ausgesehen in der Zeit, in der Julia mit ihm unterwegs war: Unser CE31 am damals noch nicht modernisierten  ZOB Bochum. Foto: Andreas Halwer.

Im Kopf geblieben

Auf den unzähligen Fahrten selbst ist eigentlich nie wirklich etwas Besonderes passiert –  an zwei Situationen erinnere ich mich aber doch immer wieder:

Einmal schaffte ich es gerade noch so mit einer Puderzucker-Waffel aus der Schulkaffete in der Hand in den vollen Einsatzwagen zu springen. Nach einer kurzen Anfahrt stoppte der Fahrer wieder und durch die Lautsprecher ertönte: „Steck die Waffel in die Tasche oder steig aus!“ Ohne Dose (da war vermutlich noch ein angelaufenes Käsebrot drin) und ohne Lauflust blieb mir nur übrig, die fettige Waffel zwischen Latein- und Matheheft zu quetschen. Lecker – Lehre fürs Leben.

Dann war da noch der Mitschüler, der ’n Pilsken zu viel hatte und eine arme Bustür, die leider nicht schnell genug aufging… Das Ergebnis dieser Begegnung war für beide Seiten nicht schön, aber auch er hat draus gelernt: Manchmal geht man doch besser zu Fuß!

Ein Freundschaftsangebot?

Noch heute erinnert mich ein alter Abfahrtsplan als gerahmtes Deko-Objekt im Flur meiner Wohnung an den CE, meine Schulzeit und viele schöne Momente.

Und ich muss mir eingestehen: Eigentlich ist es ja gar nicht der Name, der mir fehlt, sondern das Gefühl, das mit ihm verbunden ist: Freiheit, Abenteuer und diese Leichtigkeit, die einem nur die Schulzeit bieten konnte.

Wäre der CE also heute noch der CE, würde mir der Emotionsmix aus Wehmut und Zufriedenheit fehlen, der mich jedes Mal erfasst, wenn ich – weiterhin fremdelnd – die „3-5-0“ lese.

Also bleibt mir wohl am Ende nichts anderes übrig, als zu sagen: Danke, 350er, für die tägliche Prise Nostalgie!

CE steht übrigens für City-Express. Er wurde im Rahmen des „Netz 2020“, welches für eine umfassende Neuordnung und Optimierung des öffentlichen Nahverkehrs in Bochum, Gelsenkirchen und Umgebung steht, im Dezember 2019 in die Linie 350 umbenannt.

Fotos: BOGESTRA/Wiciok

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April 21, 2025

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